Autoimmunerkrankungen werden durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems ausgelöst. Millionen von Menschen sind betroffen – und erhalten durch unermüdliche Forschung immer bessere Therapien. Eine kleine Übersicht anlässlich des Welt-Psoriasis-Tages.
Unser Immunsystem ist lebenswichtig und schützt uns vor Schadstoffen und Krankheitserregern. Doch manchmal richtet sich der natürliche Schutzschild fatalerweise gegen den eigenen Körper und greift Zellen und Organe an. Eine solche Fehlsteuerung des Immunsystems wird als Autoimmunerkrankung bezeichnet. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Man geht davon aus, dass es nicht einen einzelnen Auslöser gibt, sondern viele Ursachen zusammenkommen. Dazu kann Stress gehören, oft ist auch die genetische Veranlagung ausschlaggebend. Zu den bekanntesten Autoimmunerkrankungen gehören Multiple Sklerose und entzündliches Rheuma. Auch Psoriasis gehört dazu. Dieser Erkrankung, besser bekannt als Schuppenflechte, ist alljährlich am 29. Oktober der Welt-Psoriasis-Tag gewidmet. Ziel des Aktionstages ist es, das Bewusstsein für die Erkrankung zu stärken und die Versorgung der Betroffenen zu verbessern. Denn Schuppenflechte ist viel mehr als eine Entzündungsreaktion auf der Haut. Sie betrifft den gesamten Körper und geht oftmals mit Begleiterkrankungen wie Gelenkentzündungen einher. Entsprechend hoch ist der Leidensdruck der Betroffenen. In Deutschland sind 1,5 Millionen Menschen von Psoriasis betroffen und grundsätzlich ist niemand vor dieser Erkrankung gefeit.
Heilbar ist Schuppenflechte ebenso wenig wie andere Autoimmunerkrankungen. Doch innovative Therapien tragen dazu bei, das Leiden der Patientinnen und Patienten erheblich zu lindern. So haben intensive Forschungen der pharmazeutischen Industrie genaue Erkenntnisse über den Ablauf einer Entzündungsreaktion im Körper erbracht. Sie schufen die Grundlage, um moderne Arzneimittel gegen Psoriasis zu entwickeln, die gezielt in den Entzündungsprozess eingreifen können – die sogenannten Biopharmazeutika. Dabei handelt es sich um biotechnologisch hergestellte Eiweißsubstanzen, die gegen bestimmte entzündungsfördernde Botenstoffe des Körpers oder direkt gegen Immunzellen gerichtet sind. So können sie in vielen Fällen die Entzündung stoppen oder zumindest stark vermindern – und den Betroffenen ein großes Stück Lebensqualität zurückbringen.
Biopharmazeutika nehmen der Diagnose Rheuma den Schrecken
Rheuma – genauer: die rheumatoide Athritits – gehört ebenfalls zu den Autoimmunerkrankungen, denen dank moderner Therapien der Schrecken genommen werden konnte. Rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland leben mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, darunter 20.000 Kinder. Bis vor zehn Jahren noch war der Kampf dagegen ein schwieriges Unterfangen: Viele erwachsene Betroffene wurden arbeitsunfähig, ihre Lebenserwartung war stark verkürzt. Denn die chronische Entzündung führt mit der Zeit zur Schädigung der Gelenke und Knochen. Sie werden unbeweglich und verformen sich, wenn keine gezielte Behandlung frühzeitig erfolgt. Auch hier konnten Biopharmazeutika das Therapiespektrum entscheidend erweitern.
Große Fortschritte bei der Behandlung Multipler Sklerose
Für die seit rund 150 Jahren bekannte Krankheit Multiple Sklerose (MS) lassen sich ebenfalls über die Jahrzehnte hinweg große Therapieerfolge verzeichnen. Heute können MS-Betroffene dank unermüdlicher Forschung weiter voll am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Rund eine Viertel Million Patientinnen und Patienten gibt es in Deutschland. MS gilt als „Krankheit mit 1.000 Gesichtern“, weil ihre Symptome so vielfältig sind. Im Zuge der Erkrankung zerstört das Immunsystem die Hülle der Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark. Bei der entstehenden chronischen Entzündung verlieren die Fasern ihren Schutzmantel und werden geschädigt. Zu den Folgen gehören Lähmungen, Sehstörungen, Schwindel, Gehbehinderungen und vieles mehr.
Um die Krankheit immer besser in den Griff zu bekommen und sogar direkt an ihrem Ursprung zu bekämpfen, forschen pharmazeutische Unternehmen kontinuierlich weiter. Zu den neuesten Ansätzen gehört eine Zelltherapie, bei der den Betroffenen Blutzellen entnommen und mit Bestandteilen von Eiweißen versehen werden. Diese instruieren das Immunsystem, den eigenen Körper nicht mehr anzugreifen. Die Therapie funktioniert quasi wie eine Impfung, nur umgekehrt: Dem Immunsystem wird beigebracht, bestimmte Verhaltensweisen abzulegen, anstatt – wie bei einer Impfung – Erreger zu bekämpfen. Ein entscheidender Vorteil: Diese Zelltherapien müssen nur einmal, allenfalls zweimal, durchgeführt werden. Die dauerhafte Einnahme von Medikamenten, die bei MS-Betroffenen wegen Nebenwirkungen belastend sein kann, wäre damit passé.
Sogar Impfungen gegen Autoimmunerkrankungen werden möglich sein
Derzeit wird das Verfahren in einer klinischen Studie weltweit getestet, bis zur Marktreife wird noch einige Zeit vergehen. Jedoch machen die Forschungserfolge der vergangenen Jahre vielen Millionen Menschen Mut, dass Autoimmunerkrankungen künftig immer besser beherrschbar sein werden. So kamen in letzter Zeit auch neue, in Tablettenform leicht einzunehmende Arzneimitteltherapien auf den Markt, die die MS-typischen Schübe verringern können. Zudem profitieren Betroffene von monoklonalen Antikörpern. Die unter die Haut gespritzten Antikörper unterdrücken Entzündungen und reduzieren ebenfalls MS-Schübe. Dadurch lassen sich einhergehende Behinderungen aufhalten. Ziel ist es, den Fortschritt der Erkrankung auszubremsen. Nicht zuletzt ist der Wissenschaft in diesem Jahr ein Durchbruch bei der Suche nach einem Impfstoff gelungen, der einen Ausbruch von MS künftig von vornherein verhindern könnte.
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